Wasserburg am Bodensee

Ausstellungssaison 2024

Die Dampfschifffahrt auf dem Bodensee erlebte ihre Blütezeit im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Zu dieser Zeit waren die Dampfschiffe ein wichtiges Verkehrsmittel auf dem See und spielten eine entscheidende Rolle im Handel in der Region, da sie den Transport von Menschen und Gütern erheblich erleichterten und beschleunigten.
Überdies waren die dampfgetriebenen Schiffe zugleich ein Garant für die touristische Erschließung der Bodenseeregion. Mit dem Blick aus einem eleganten Salon oder von einem Promenadendeck, wie beispielsweise dem der „Hohentwiel“, lässt sich die Schönheit des Sees wohl kaum vornehmer genießen. Sowohl damals wie auch heute.
Die goldenen Jahre der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee werden

Die zweite Sonderausstellung zeigt die meisterhaft gefertigten Modellschiffe von Reiner Fügen aus Lindau. Diese detaillierten Modelle entführen die Besucher in die Geschichte der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee und beleuchten die technische und kulturelle Entwicklung dieser Ära.
 
Texte u.Bilder: Andreas Schmid

200 Jahre Dampfschifffahrt auf dem Bodensee – „Stephanie“

 

Obwohl das Jahr 1824 mit Stapellauf der „Wilhelm“ als Beginn der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee gilt, war bereits einige Jahre zuvor ein dampfgetriebenes Boot auf dem See unterwegs. Doch bevor ein Dampfschiff auf dem Bodensee fahren konnte, musste diese Art von dampfgetriebenem Fortbewegungs- mittel erst einmal erfunden und entwickelt werden. Dies gelang 1803 dem US-Amerikaner Robert Fulton, als er in Paris auf der Seine ein Versuchsdampfboot präsentierte.

Die weiterentwickelte Variante dieses Bootes war das ca. 40 m lange Dampfschiff „Claremont“, das mit seinen seitlichen Schaufelrädern den Hudson River stromauf von New York nach Albany fuhr und nach erfolgreicher Jungfernfahrt den Linienverkehr auf selbiger Strecke aufnahm. Die wohl erste wirtschaftlich erfolgreiche Dampfschifffahrt. Dabei konnte Fulton auf die Pionierarbeit anderer zurückgreifen. Zum Beispiel auf die Arbeiten der beiden Franzosen Denis Papin und Claude-François-Gabriel-Dorothée Jouffroy d’Abbans. Denis Papin baute 1707 ein Schaufelradboot, welches im selben Jahr mittels Dampfzylinder und Muskelkraft auf der Fulda von Kassel nach Münden fuhr und Jouffroy d’Abbans baute 1783 das erste echte funktionsfähige Dampfschiff.

 

Zurück zum Bodensee: Hier fuhr das erste Dampfboot im Jahr 1818. Der aus Zürich stammende Johann Casper Bodmer hat das Boot, nach seiner Studienreise nach England wo er sich über Dampfmaschinen und Bootsbaukunst kundig machte, erbaut. Als Bootsbauplatz wurde ihm von Großherzog Karl Ludwig von Baden in der ehemaligen Abtei Petershausen bei Konstanz eine entsprechende Lokalität zugewiesen. Der Stapellauf war für Ende September 1817 vorgesehen und passierte auch termingerecht. Wie die Thurgauer Zeitung in ihrer Ausgabe

Nr. 40 vom 04. Oktober 1817 berichtete wurde das Dampfboot am 30. September 1817 auf den Namen „Stephanie“ getauft. Benannt nach der damaligen Großherzogin von Baden. Jedoch war das Problem, dass das Boot zu diesem Zeitpunkt noch kein Dampfboot war. Denn das was ein Dampfboot ausmacht, das fehlte: Die Dampfmaschine.

 

Die Maschine, welche in England gefertigt und gekauft wurde, war zwar bereits auf dem Weg nach Konstanz, wurde aber nicht ausgeliefert, da der Kaufpreis nicht vollständig beglichen werden konnte. Weil Herr Bodmer die Kaufsumme nicht aufbringen konnte wurde die Dampfmaschine nach England zurück beordert. Um das Dampfboot doch endlich fertig stellen zu können baute Bodmer eine kleine Maschine aus seiner Baumwoll-Spinnerei in die „Stephanie“ ein. 1818 konnte dann die eigentliche Jungfernfahrt der „Stephanie“ durchgeführt werden. Am 29. April fuhr das Boot von Konstanz nach Meersburg. Zu dieser Jungfernfahrt, wie auch zu dem Boot an sich, gibt es sehr viele Geschichten. Was an diesen wahr und was nur Legende ist, das lässt sich heute leider nicht mehr bestimmen. Fest steht nur, dass bei der Rückfahrt die zu kleine Dampfmaschine versagte und ein gewisser Teil der Strecke oder die komplette Strecke von Meersburg nach Konstanz gerudert werden musste. Daraufhin wurde die „Stephanie“ in Konstanz in der Nähe des Pulverturms angebunden und blieb dort bis zur Versteigerung auf Abbruch im Jahre 1821 liegen. Schnell entwickelte sich für das Dampfboot der Spottname „Steh fahr nie“.



 Obwohl die Geschichte des Bootes eher unglücklich ist, wird Herr Bodmer doch gerne zu Unrecht bei einem Blick auf die Bodensee-Dampfschifffahrt vergessen. Denn am Ende war es trotzdem die „Stephanie“, welche als erstes dampfbetriebenes Boot auf dem See fuhr.   

 200 Jahre Dampfschifffahrt auf dem Bodensee: „Wilhelm“

 

Ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte der Bodensee-Dampfschifffahrt ist die „Wilhelm“, welche im Jahr 1824 als erstes Dampfschiff auf dem Bodensee in Dienst gestellt wurde. Ihr folgten bis heute eine eindrucksvolle Reihe von Dampf- und Motorschiffen auf dem See.

 

Bevor die Dampfschifffahrt sich auf dem Bodensee etablieren konnte waren nicht nur technische Hürden zu nehmen. Der erste Versuch von J.C. Bodmer scheiterte etwas unglücklich im Jahr 1818 an einer zu kleinen Dampfmaschine. Zudem waren es auch die Rechte der Schiffsberechtigten am Bodensee, welche den Dampfschiffen kritisch gegenüber standen. Denn in mehr oder weniger verbrieften Rechten hatten nur sie die alleinige Erlaubnis mit ihren Segel- und Ruderkähnen Personen und Güter auf dem Bodensee zu befördern. An diesen Rechten hielten die Schifferzünfte eisern fest, denn der Transport von Bedarfs- aber vor allem von Handelsgütern wie Getreide und Salz war ein äußerst einträgliches Geschäft. So kam es, dass an vielen anderen Gewässern die Dampfschifffahrt deutlich früher einsetzte. 1816 auf dem Rhein zwischen Rotterdam und Köln, auf der Spree bei Berlin und auf der Weser zwischen Bremen und Brake jeweils 1817. Das erste Dampfschiff der Schweiz, die „Guillaume Tell“ (Wilhelm Tell) hatte am 01. Juli 1823 ihre Jungfernfahrt auf dem Genfer See. Die „Guillaume Tell“ wurde von Edward Church, einem Konsul der Vereinigten Staaten von Amerika in Auftrag gegeben. Zusammen mit dem Stuttgarter Verleger Freiherr Friedrich Cotta, dem Konstanzer Fabrikanten David Macaire d’Hogguer versuchte Edward Church auch auf dem Bodensee die Dampfschifffahrt einzurichten. Mit der Unterstützung von König Wilhelm I. von Württemberg sollte das Unterfangen gelingen. Denn der König sandte am 12. Juni 1823 seinen Finanzrat Nördlinger nach Friedrichshafen um mit der dortigen Schifferzunft zu verhandeln. Am 23. März 1824 waren die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen. Das gesamte Schiffsmaterial wurde aufgekauft und die Schifffahrtsrechte durch eine jährliche Leibrente abgelöst. Noch während der Verhandlungen gab König Wilhelm I. am 31. Oktober 1823 an Konsul Church den Auftrag in Friedrichshafen ein Dampfschiff zu bauen.

Begleitet von Glockengeläut und Fanfaren wurde am 17. August 1824 das neugebaute Dampfschiff zu Wasser gelassen und auf den Namen „Wilhelm“ getauft. Am 10. November 1824 fand die Jungfernfahrt statt.

Diese erste Fahrt führte von Friedrichshafen nach Langenargen und wieder zurück. Die Fahrt nach Langenargen dauerte ca. 60 Minuten, die Rückfahrt 40 Minuten. Bereits am folgenden Tag nahm das Schiff eine Frachtlieferfahrt auf sich. Die „Wilhelm“ fuhr in 3,5 Stunden nach Rorschach. Die Rückfahrt dauerte ca. 2,5 Stunden. Die Segelschiffe konnten an diesem Tag wegen starkem Wind aus Südwest den Hafen nicht verlassen. Nachdem das Dampfschiff alle Probefahrten bravourös meisterte wurde ein regelmäßiger Schiffsbetrieb eingerichtet. Ab 01. Dezember 1824 verkehrte die „Wilhelm“ viermal wöchentlich zwischen Friedrichshafen und Rorschach maßgeblich im Güterverkehr. Daneben fanden weitere Güterbeförderungs-fahrten zu anderen Häfen statt. Sonntags wurden „Lustfahrten“ veranstaltet, wenn das Wetter mitspielte. Der regelmäßige Betrieb der „Wilhelm“, welcher auch im Winter stattfand, dauerte bis 1846. Danach wurde das aus Eichenholz erbaute und mit einer einzylindrigen Dampfmaschine betriebene Schiff nur noch aushilfsweise genutzt bevor es dann 1848 auf Abbruch verkauft wurde.

Die „Wilhelm“ war 30,6 m lang, im Hauptspant 5,37 m breit bzw. mit den Radkästen 10,8 m. Die mit Holz befeuerte Dampfmaschine erlaubte eine Geschwindigkeit von max. 10,5 km/h.

24 Reisende konnten in beheizbaren Kajüten mitfahren, des weiteren fanden ca. 100 Passagiere an Deck einen Platz. Neben der erheblichen Menge an Feuerholz für den Kessel konnte das Schiff zusätzlich ca. 23 t Fracht transportieren.

 Dank ihrer Zuverlässigkeit, Brauchbarkeit und Stabilität gilt die „Wilhelm“ als Anfang der Ära der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee und das bereits seit ihrem Stapellauf im Jahr 1824.

200 Jahre Dampfschifffahrt auf dem Bodensee: „Max Joseph“

 

Das Dampfschiff "Max Joseph" spielte eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee. Zeitgleich mit dem Bau des Dampfschiffes "Wilhelm" wurde die "Max Joseph" in der Werft in Friedrichshafen auf Kiel gelegt. Konsul Church und Freiherr von Cotta erhielten ein königlich bayerisches Patent, das ihnen die Einführung der Dampfschifffahrt von Lindau aus erlaubte, jedoch ohne Sonderrechte gegenüber den örtlichen Schifffahrts-berechtigten.

 

Am 3. Dezember 1824, zwei Tage nachdem die "Wilhelm" ihren regelmäßigen Schiffsbetrieb aufgenommen hatte, unternahm die "Max Joseph" ihre erste Probe- und somit auch die Überführungsfahrt von Friedrichshafen nach Lindau. Nach ca. fünf Stunden wurde der Dampfer von begeisterten Menschenmengen im Lindauer Hafen empfangen. An Bord waren Church und Cotta, die in Lindau ein Dampfboot-Unternehmen gegründet hatten, um Güter- und Personenfahrten auf dem Bodensee durchzuführen.

 

Der Schiffsrumpf der "Max Joseph" war aus Eichenholz gefertigt, 22,8 Meter lang und 4,5 Meter breit. Die Dampfmaschine ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 11,5 km/h. Im Gegensatz zur "Wilhelm" waren die Schaufeln der "Max Joseph" aus Stahl und mit einer Exzentervorrichtung ausgestattet, die das senkrechte Eintauchen der Schaufeln ins Wasser ermöglichte und somit den Wirkungsgrad der Kraftübertragung verbesserte.

 

Bis Ende April 1825 wurden verschiedene Probefahrten unternommen, welche das Dampfschiff u. a. nach Konstanz und Schaffhausen führten. Leider stieß das Dampfboot-Unternehmen des Freiherrn auf Widerstände, insbesondere durch die Lindauer Schifferzunft, die ihre althergebrachten Rechte gewahrt sehen wollte. Dies führte dazu, dass die "Max Joseph" ab dem 1. Mai 1825 hauptsächlich von badischen Häfen aus operierte und nur einmal wöchentlich die Route Lindau - Rorschach - Schaffhausen bediente.

 

Bereits 1826 erfolgten Umbauten an dem Schiff und 1829 wäre ein neuer Rumpf fällig gewesen. Diesen gab der Freiherr jedoch nicht mehr in Auftrag. Der Betrieb von Schiff und Unternehmen wurde 1829 eingestellt und die "Max Joseph" 1830 abgebrochen.

 

Obwohl der Freiherr von Cotta mit seinem Unternehmen im bayerischen Lindau scheiterte, ebnete die "Max Joseph" den Weg für die badische Dampfschifffahrt auf dem Bodensee. Der Verlust des Dampfschiffs war für die Gewerbe- und Handelstreibenden am badischen Ufer deutlich spürbar. Auf deren Nachdruck wurde der Konstanzer Fabrikant David Macaire d'Hogguer in die Lage versetzt, endlich sein eigenes Dampfschifffahrts-unternehmen zu gründen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sich der Fabrikant, trotz eines badischen Schifffahrtsprivilegs aus dem Jahr 1824, bei den Konstanzer Schifffahrtsberechtigten nicht durchsetzen. David Macaire d'Hogguer gründete am 12. Juli 1830 zusammen mit den Herren Caspar aus Ludwigshafen, Carl Delisle aus Konstanz, dem Hofgerichtsadvokat Vanotti aus Meersburg und dem Postdirektor Steinmann aus St. Gallen die "Dampfschifffahrtgesellschaft für den Bodensee und Rhein in Konstanz". Bereits im November 1830 räumte Großherzog Leopold von Baden der neugegründeten Gesellschaft ein Schifffahrtsprivileg für Ludwigshafen ein. Danach folgte allmählich der Aufkauf aller Schifffahrtsrechte durch den badischen Staat.

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