Wildberg, St. Leonhardskapelle
Die St. Leonhard in Wildberg scheint im Jahre 1484 errichtet worden zu sein. Zum Kirchenschatz gehörte ein gotischer Kelch aus dem Jahre 1484, dem möglichen Erbauungsjahr. Später verfiel die Kapelle.
Die alte, 1628 in Kupfer gestochene Rauh'sche Karte zeigt oberhalb von Wildberg, ein wenig abseits der Reichsstraße, Lindau und Isny, an einem Feldweg gelegen, ein kleines Gebäude ohne Turm, ohne Dach, mit dem Namen St. Leonhard.
Am 1. Oktober 1635 erfolgte die 2. Grundsteinlegung zur Leonhardskapelle, die viele Jahre schon öd und verwüstet war durch Johann Jacob Oxanreutin, Landamann zu Wildberg und seinem Schwager Hanß Köllr, Forstmeister zu Wildberg.
Das Zins- und Schuldbuch berichtet uns vom Ankauf von Kalk- und Ziegelsteinen, die einst dem Lindauer Kapuzinerkloster gehört hatten.
"Auf befelch deß Herrn Ehrwirden Provinzial Patri Coppozeiner habe ich empfangen:" 240 Ziegelsteine, 910 Dachplatten und der Sohn von Thomas Steur (gewiß ein Wildberger) holte 300 Dachplatten. 1636 bei der Endabrechnung schuldete man dem Stiftspfarrer Petro Troll 6 Dukaten und 18 Gulden.
1666, als Krankheiten Menschen und Tiere hinrafften, erhielt die Kapelle eine Glocke und wurde. von Bischof Franz Johann von Konstanz geweiht. Seither und heute immer noch werden dort die hl. Messe gefeiert. 1669, als die Ruhr vielen Menschen den Tod brachte, und ein "starkes Hinfallen unter Pferden und Rind Vieh gewesen", stiftete Jerg Steur eine Votivtafel, auf der eine Prozession und die Opferung eines Rindes dargestellt ist. Leider gibt es von dem barocken Bild. nur noch ein Farbfoto - Diebe haben die Votivtafel entwendet.
Pfarrer Funk aus Weißensberg schreibt um 1870 von einer "wahren Mustersammlung von Täfelchen". Nur noch eine Votivtafel - renoviert von Kirchenmaler Schugg - hat überlebt: ein Gnadenstuhl mit der Krönung Mariens, die die Brüder Greysing 1628 versprochen haben, als es am Pfingsttag schneite.
1744 und 1790 mußte die Kapelle an Dach und Boden renoviert werden. Die Kapellenpfleger kauften 1755 einen Altarstein in Bregenz, in den Reliquienpartikel eingemauert wurden.
„St. Leonhard hat alle nothwendigen Geräthe zur Celebration der Hl. Messe, die Paramente sind hinreichend, wenn auch armselig. Die Kirchenstühle sind nicht vermiethet und nummeriert“ erzählt ein Pfarrvisitationsbericht.
Zwei Jahrtagsstiftungen, Meßopfer- und Opferstockgelder dienten dem Kapellenunterhalt und der Bezahlung von Pfarrer und Meßmer. So ist bis zum Jahr 1816 ein Kapellenvermögen
von 363 Gulden zusammengekommen, da auf Geheiß der Lindauer Stiftungsadministration dem St. Markus Kirchenvermögen “admassiert“, zugeschlagen wurde. Seither hat die Pfarrgemeinde Weißensberg die Kapellenbaulast. St. Leonhard war, wie Pfarrer Funk schrieb, eine ebenbürtige Tochter der Mutterkirche, ebenfalls zu klein und in ruinösem·Zustande. Sie hat einen verfaulten hölzernen Plafond, schlechte unbequeme Kirchenstühle und eine wahre Mustersammlung von Täfelchen".
In Wildberg wohnten damals 16 Familien - 71 Seelen in 15 Häusern. Der Pfarrer sammelte Geld, ließ den Altar neu
fassen und ihn, wie er verächtlich sagte, von barocken „Zopfanhängseln" befreien. Er beauftragte den Maler Hans Weckerle aus Edelstetten, ein neues Altarbild zu malen, einen Heiligen Leonhard, der auf den barocken Seitenflügeln von den Heiligen Sebastian und Rochus flankiert wird.
1893 wurde aus dem Vermächtnis der Jungfrau Agatha Fäßler .aus Lampertsweiler für 1.300 Mark die St. Leonhardskapelle restauriert und ein neuer Dachreiter für die alte Glocke mit ihrem silberhellen Ton errichtet.
Seit mehr als 100 Jahren beklagen Pfarrer den feuchten Standort der Kapelle. So waren Renovierungen unter Pfarrer Dr. Möslang (1980) durch Pfarrer Hoch (1990) unumgänglich.
Seit jeher wurde das Leonhardifest am 6. November festlich begangen. Nicht mit Pferden, die wie andernorts dreimal die Kirche umzogen, sondern mit einem vom Kirchenchor feierlich gesungenen Amt und einer ausgiebigen Nachfeier im Gasthaus.
Bilder: W. Locher
Texte: Weißensberg, 10. September 1993 Rosmarie Auer, Diplomarchivarin
Quellen: Hospitalarchiv Lindau, Stadtarchiv Lindau, Pfarrarchiv Weißensberg, Aufzeichnungen des Ortsheimatpflegers